1. Urteil und Freispruch:
Der Angeklagte wurde in 17 von 18 angeklagten Fällen freigesprochen, da die Beweisführung hauptsächlich auf EncroChat-Nachrichten beruhte, die nach Auffassung des Gerichts unverwertbar sind.
Die Unverwertbarkeit resultiert aus Verstößen gegen die EU-Richtlinie 2014/41 (RL EEA), insbesondere Artikel 31 und Artikel 6 Abs. 1 lit. b), die den Schutz individueller Rechte im grenzüberschreitenden Ermittlungsverkehr sicherstellen sollen.
Die französischen Behörden hatten die EncroChat-Daten von deutschen Staatsgebiet aus ohne konkrete Verdachtslage gesammelt, was nach deutschem Recht (§ 100b StPO) unzulässig ist.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (30. April 2024, C-670/22) bestätigte, dass eine solche Maßnahme unzulässig ist, wodurch die Chats als Beweismittel entfallen.
Nationale Mindeststandards zum Schutz der individuellen Rechte wurden unterlaufen.
Die Überwachung wurde von französischen Behörden ohne Rücksprache mit deutschen Stellen durchgeführt, was nach Art. 31 RL EEA unzulässig ist.
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten. Beispielsweise gab es Fälle, in denen Nachrichten nur bei einem Chatpartner vorlagen oder Absender- und Empfängerkennungen vertauscht waren.
Die Funktionsweise der Trojaner-Software zur Datenerhebung konnte nicht hinreichend geklärt werden, da technische Details unter französischem Militärgeheimnis stehen.
Der IT-Sachverständige konnte keine verlässliche Aussage zur Datenintegrität treffen.
Durch die Geheimhaltung der technischen Einzelheiten seitens französischer und deutscher Behörden wurden dem Angeklagten wesentliche Informationen vorenthalten, die für die Verteidigung relevant gewesen wären. Dies stellt eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) dar.
Die französische Maßnahme umfasste den Einsatz einer Trojanersoftware auf EncroChat-Telefonen.
Obwohl die französischen Behörden die Federführung hatten, war die Maßnahme Teil eines europaweiten Projekts, koordiniert von Europol und Eurojust.
Die Datenerhebung erfolgte global, wobei ca. 4.600 deutsche Nutzer betroffen waren.
Das Landgericht Berlin stellte fest, dass die Beweiserhebung im Widerspruch zu deutschen und europäischen Rechtsgrundlagen steht.
Eine Nutzung der gewonnenen Daten im Strafverfahren verstößt gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens.
Aufgrund der Unverwertbarkeit der Beweise konnte kein Tatnachweis geführt werden, weshalb der Angeklagte freizusprechen war.
Dieses Urteil stärkt den Schutz individueller Grundrechte im Rahmen grenzüberschreitender Ermittlungen und betont die Einhaltung nationaler Schutzstandards auch bei international koordinierten Maßnahmen. Es stellt zudem die Verwertbarkeit von EncroChat-Daten in deutschen Strafverfahren grundlegend infrage.

